Donnerstag, 11. Oktober 2018

Danke

Bevor ich nun meine Tasche nehme und von Bord gehe, möchte ich nicht versäumen mich für die schöne Zeit zu bedanken! Es war eine Bereicherung in vielerlei Hinsicht:

Wie jeder weiß nutzt der Segler den Wind um voranzukommen. Weit draußen auf dem Pazifik wird uns aber erst bewusst, wie sehr wir den Naturgewalten ausgesetzt sind. Es ist nicht nur der Wind, der uns vorantreibt, da gibt es Strömungen in alle Richtungen, da gibt es den Einfluss des Mondes, der nicht nur die Tiden verursacht. Der Wind formt die Wellen und die Dünung. Die Wellen können sich überschneiden und von hinten, von der Seite oder auch von vorne kommen. In den ersten Tagen unserer Fahrt kamen die Wellen von schräg hinten und waren sicher 3,50m hoch! Es gab durchaus Momente, in denen ich bereut habe an Bord zu gehen... Und dann gibt es die nächtliche Dunkelheit! ... unheimlich, verschwendet man auch nur einen Gedanken daran, dass einer von uns über Bord gehen könnte! Die Hoffnung auf eine Rettung ist je nach Seebedingungen fast hoffnungslos und dann gibt es noch diese unendliche dunkle Tiefe unter einem, in der man stets aufsteigende Ungeheuer  mit dreieckigen Rückenflossen vermutet....Und wenn die ganze Nacht über die Wellen gegen die Rümpfe donnern, dass es nur so kracht und das Schiff krächzt, wenn es in den Wellen hin und hergerissen wird, geht schonmal die Fantasie mit einem durch...

Umso schöner war es für mich schon in den ersten Momenten an Bord erfahren zu dürfen, dass die "Green Duck" von ihrem Skipper mit sicherer Hand gesteuert wurde, erfahren, souverän und stets aufmerksam und niemals dem Zufall überlassen... Nicht nur die Segelstellung wurde stets optimiert, beeindruckend ist auch die Ausrüstung des Schiffes, auf dem es bei wichtigen Teilen stets mindestens ein Backup gab, in manchen sogar gleich 4(!!!), wie sich bei den Navigationskarten herausstellte. Während Solarzellen schon beinahe zur Standardausrüstung von Langzeitseglern gehören, sowie auch ein Autopilot, der nicht nur nachts Gold wert ist, gibt es auf der "Green Duck" auch viele zusätzliche Annehmlichkeiten, wie eine Waschmaschine und einen "Watermaker"; letzterer machte uns unterwegs völlig unabhängig vom Betanken des Schiffes mit Trinkwasser. Was die Sicherheit an Bord betrifft, so gibt es neben den üblichen Signalmitteln und Rettungswesten, einer AIS-Bake sowie einem AIS-Transponder, Radar, einer EPIRB und einem Funkgerät auch ein Satelliten-Telefon, welches das Führen von Telefonaten von jedem erdenklichen Punkt der Erde aus ermöglicht. Da gibt es aber auch viele andere Details, die die Liebe zur Technik und zur Perfektion deutlich machen, zumindest hinsichtlich der Funktionsfähigkeit! Damit die energetische Versorgung der Schiffsbatterien nicht überstrapaziert wird, kann man beim Kochen z.B. leicht umstellen auf Diesel-betriebende Herdplatten! Selbstverständlich gibt es auch ein Paneel, auf dem stets  der Ladezustand der Batterie sowie Verluste bei Stromverbrauch kontrolliert werden können! Das Dingi kann man entweder mit Außenborder oder elektrisch fahren, ganz nach den Bedürfnissen. Dann gibt es da noch einige Raffinessen hinsichtlich der Steuerung des Bootes. Die Elektrik mit dem Zusammenspiel moderner Kommunikationsmittel ermöglicht das Steuern des Schiffes des nachts vom Handy aus, sodass außer einem kurzen Rundumblick in regelmäßigen Abständen (um die Boote ohne AIS rechtzeitig zu erfassen) die Navigation vom Bett aus erfolgen kann! Einfach genial angesichts der Vorstellung, dass andere Schiffe nachts bei Wind und Wetter vom Steuerstand aus gesteuert werden müssen.... Nebenbei sei erwähnt, dass die so gewonnene Zeit mit Hilfe eines Beamers zum Genuss verschiedenster Filme genutzt werden kann!!! :-)
Noch ein kleines Bonbon sei erwähnt, das beim Ankern sehr hilfreich ist: Ein vorausschauendes Sonar...
Soviel zur Ausrüstung des Schiffes! Damit aber nicht genug: das Schiff ist gleichzeitig Ersatzteillager und Werksstatt. Als die Wasserpumpe des einen Motors versagte, wurde kurzerhand eine Oberfräse aus den Tiefen des Schiffes ausgegraben und so lange an der Pumpe gefräst, bis der Impeller wieder passte und ein Vakuum in der Wasserpumpe wieder erzeugt werden konnte....Ein gewaltiges Arsenal an Werkzeugen ermöglicht aus meiner Sicht schier unendliche Möglichkeiten an Reparaturen... dabei scheint es völlig egal zu sein, ob es um die Reparatur der Waschmaschine oder den Austausch eines Propellers geht!


Nun aber zur eigentlichen Fahrt: Zwei Dinge haben mich besonders beeindruckt. Wir haben natürlich eine Menge Menschen getroffen, die ich grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen möchte:

Da sind einerseits die Polynesier, die hier einheimische Bevölkerung, deren Geschichte sehr interessant ist! Ursprünglich aus Ostasien stammend, haben sie schon vor langer Zeit weite Entfernungen in einfachen, aber seetüchtigen Schiffen im Pazifik zurückgelegt und so die verschiedensten Inseln besiedelt. Ihre Lebensphilosophie ist beeindruckend und für ihr Überleben  schon immer notwendig gewesen: "Nur gemeinsam sind wir stark und können große Dinge bewirken!" Und das leben sie auch. Mich hat das sehr nachdenklich gestimmt, leben doch die Menschen in den westlichen Ländern in dem Glauben die fortschrittlichsten weltweit zu sein. Sind sie das mit ihrem ausgeprägten Hang zum Egoismus tatsächlich? Oder sollten wir uns ein Beispiel an diesen Menschen nehmen, die in ihrer Friedfertigkeit und Freundlichkeit nicht zu übertreffen sind. Wie wahr die Worte der Schuldirektorin auf dem Blue Water Festival, die in einer Ansprache nicht nur die Segler willkommen hieß, sondern betonte, dass auf ihrer Schule mehr als nur Lesen und Schreiben gelehrt würde. Lesen und Schreiben ist das Eine, aber es gibt mehr, es ist wichtig, dass das Herz am richtigen Fleck ist... Und was die Einstellung zur Arbeit angeht, so scheinen die Polynesier nach dem Pinzip zu leben: Wir arbeiten um zu leben! Auch diese Einstellung hat mich wieder einmal nachdenklich gemacht, scheint es doch bei uns alles verkehrt herum zu laufen.

Und da sind andererseits die Segler! Hierbei handelt es sich nicht etwa um eine verrückte Gruppe von Aussteigern, die der Zivilisation frustriert den Rücken gekehrt haben. Es handelt sich um eine kleine überschaubare Gruppe von Menschen, die genauso inhomogen zusammengesetzt ist wie unsere Bevölkerung. Auf dem Blue Water Festival in Tonga hatte ich die einmalige Gelegenheit viele von ihnen kennenzulernen. 47 Schiffe haben teilgenommen, solche mit nur ca. 11m, aber auch solche die als Zweimaster stolze 60m lang waren und deren Charterpreis pro Woche bei 230.000€ lag! Viele Nationalitäten waren dabei: Amis, Neuseeländer, Fanzosen, Schweizer, Skandinavier, Holländer, zusammen mit einem weiteren Schiff wir Deutschen, um nur einige zu nennen. Kinder, junge und alte Erwachsene, Paare, Familien und Einhandsegler. Eigner und Crew trafen sich auf dem Festival, doch die meisten von ihnen waren im Beruf erfolgreich, sonst hätten sie sich die Schiffe nicht leisten können. An Berufen waren häufiger Ingenieure vertreten, aber auch IT-Fachleute, ein Pilot, Firmeninhaber, eine Psychologin, Elekrotechniker, Kaufleute, ein Bänker, Restaurantleiter, um nur einige zu nennen. So unterschiedlich sie auch alle waren, so haben auch sie alle etwas gemeinsam: Alle strahlen vor Lebensfreude und leben Lebensqualität auf ihre Weise. Ihre innere Zufriedenheit machte das Fest so einzigartig und führte zu einer Art Verbundenheit, an die ich mich noch lange erinnern werde.


Christiane

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